Eine 1965 geborene Frau, die bereits 2015 kurzzeitig eine halbe IV-Rente erhalten hatte, beantragte 2021 erneut Leistungen der Invalidenversicherung. Sie berief sich dabei auf Kniebeschwerden und eine Depression. Die IV-Stelle des Kantons Aargau lehnte den Antrag nach Abklärungen durch den Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) ab. Sowohl das kantonale Versicherungsgericht als auch der RAD-Orthopäde kamen zum Schluss, dass weder in somatischer noch in psychischer Hinsicht Erkrankungen mit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit vorlägen.
Während die Frau die orthopädische Beurteilung nicht bestritt, legte sie gegen die psychische Einschätzung Beschwerde ein. Sie verwies auf einen Bericht ihrer Psychotherapeutin, die ihr eine mittelgradige bis schwere Depression sowie eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert hatte. Die Vorinstanz hatte diesen Bericht nicht als fachärztliche Beurteilung anerkannt und ihm keine Beweiskraft zugemessen.
Das Bundesgericht gab der Frau nun teilweise Recht. Es kritisierte, dass der RAD-Orthopäde sich mit den Angaben der Psychotherapeutin inhaltlich überhaupt nicht auseinandergesetzt hatte. Stattdessen hatte er Psychologen generell die fachliche Qualifikation zur Beurteilung des psychischen Gesundheitszustandes abgesprochen – obwohl er selbst weder über einen psychiatrischen Facharzttitel verfügte noch die Frau je persönlich untersucht hatte. Das Gericht betonte, dass der psychopathologische Befund der Psychotherapeutin gewichtige Hinweise auf ein relevantes psychisches Leiden liefere.
Die Richter stellten fest, dass der Untersuchungsgrundsatz verletzt wurde, da weder die IV-Stelle noch das kantonale Gericht den psychischen Gesundheitszustand ausreichend abgeklärt hatten. Das Bundesgericht wies den Fall daher an die IV-Stelle zurück mit der Auflage, den psychischen Gesundheitszustand der Frau hinreichend zu untersuchen und zu prüfen, ob seit der letzten Beurteilung eine erhebliche gesundheitliche Veränderung eingetreten ist. Erst danach soll die IV-Stelle über den Leistungsanspruch neu entscheiden.